Fantastische MEISSEN Orte – das Formenarchiv

  • Voller Vorfreude und mit ein bisschen Ehrfurcht entführen wir Sie an einen der wohl heiligsten Orte unserer Manufaktur – dem imposanten Formenarchiv. Mit dem Geruch von altem Holz und kühlem Gips in der Nase betreten wir die Gemäuer, die mehr als 300 Jahre Manufakturgeschichte beherbergen und voller einmaliger Werke berühmter Künstler sind.


    Tauchen Sie mit uns ein, in die aufregende Welt des Meissener Formenarchivs. Gehen wir zurück in das Jahr 1710, als sich die Manufaktur hinter den Toren der Albrechtsburg auf dem Burgberg der Stadt Meißen befand. Dort produzierten und entwickelten die Entdecker des ersten europäischen Hartporzellans, Böttger und Tschirnhaus, gemeinsam mit Berg- und Hüttenleuten das "Weiße Gold". Damals wie heute steht der Modell- und Formenbau am Anfang des gesamten Produktionsprozesses. Für alle Porzellane, von der kleinsten Schmuckblüte bis zum Services, wurden zuerst Modelle aus Ton gefertigt, aus denen dann die Arbeitsformen zur Porzellanfertigung entstanden. All diese Arbeitsmittel wurden anschließend sorgfältig dokumentiert und im Formenarchiv verwahrt, damit jederzeit eine Reproduktion der Stücke nach originalgetreuer Vorlage möglich war. Die bewährte Herstellung des Meissener Porzellans hat sich in dieser Hinsicht bis heute nicht geändert und so füllte sich das Formenarchiv peu à peu. Wenn wir bedenken, dass eine Porzellanplastik aus mehreren Einzelteilen besteht, wird die Größe und der Umfang unseres Formenarchivs deutlich. Würden unsere Manufakturisten beispielsweise den Schwan von Jörg Danielczyk aus dem Jahr 2012 reproduziert, bräuchten sie insgesamt 150 Arbeitsformen.


    Seit dem Umzug unserer Manufaktur im Jahr 1863 vom Burgberg in das Triebischtal von Meißen, erstreckt sich das Formenarchiv über mehrere Häuser und Etagen auf unserem Manufakturgelände. Hunderte verschiedene Geschichten und Ereignisse finden sich in über 700.000 Gipsformen in diesen Gemäuern wieder. Sie sind ein einzigartiger Schatz, der die Grundlage für die Reproduktion von etwa 9.000 Figuren und ca. 15.000 Geschirrteilen bildet. Führen wir uns dabei die Tatsache vor Augen, dass alle originalen Werke der Meissener Künstler in unserem Formenarchiv aufbewahrt werden, wird deutlich, was für ein einzigartiger, bedeutungsvoller Schatz dies ist. Denn es sind die Werke in ihrer ursprünglicheren Form, mit der unverkennbaren Handschrift des Künstlers und dem Herzblut, mit dem er sie geschaffen hat.




„Das Formenarchiv bewahrt einen einzigartigen Schatz – alle Gipsformen der originalen Werke Meissener Künstler, wie sie einst mit Herzblut und Leidenschaft geschaffen wurden.“
  • Jedes einzelne Stück in unserem Formenarchiv erzählt dabei seine ganz eigene Geschichte und ist ein Teil unseres kulturellen Erbes.


    Eine ganz eindrucksvolle Geschichte erzählt eine der ältesten Modellformen in unserem Archiv. Die Formen für den Apostel Petrus aus dem Jahr 1738. Diese Figur wurde von Johann Joachim Kaendler, dem beeindruckenden Modellmeister und Plastiker unserer Manufaktur, neben weiteren 11 Aposteln auf Wunsch des sächsischen Kurfürsten Friedrich August II. geschaffen. Sie sollten ein Geschenk an die Schwiegermutter des Kurfürsten sein, welche die originalen überlebensgroßen Marmorskulpturen, die in der römischen Lateran-Basilika standen, als Porzellanfiguren in ihren Gemächern bewundern sollte. Kaendler selbst begab sich dazu nicht nach Rom, sondern arbeitete nach heute verschollenen Zeichnungen, was die leichten Abweichungen von den Originalen erklärt. Aber Kaendler, als Meister seines Fachs den großen Steinbildhauern des Barock ebenbürtig, hat diese majestätischen Figuren mit den faltenreichen Gewändern in eigenständiger Sprache im Kleinformat neu interpretiert und mit seiner einmaligen Handschrift geprägt.


    Einen grandiosen Durchbruch der Tisch- und Tafelkultur des 18. Jahrhunderts berichten die mehr als 2.200 Einzelteile des prunkvollen „Schwanenservice“. Es wurde vom kursächsische Premierminister Graf Heinrich von Brühl, der 1735 Direktor unserer Manufaktur war, bei Kaendler in Auftrag gegeben. Zusammen mit Johann Friedrich Eberlein kreierten sie über fünf Jahre das „Schwanenservice“ mit einem noch nie dagewesenen opulenten Relief – dem berühmten durch das Schilf schwimmende Schwanenpaar. So zeichnet sich jedes Modell dieses umfangreichen Services durch eine einzigartige plastische Gestaltung aus, die die barocke Tischkultur revolutionierte.


    Dieser wundervolle Ort steckt voller Überraschungen, Mythen und Geschichten, welche für Ewigkeit bewahrt werden und das reiche kulturelle Erbe für die Zukunft sichert.